EFS Consulting
24.03.2025

Agilität vs. Flexibilität: Mehr als nur Synonyme

Unternehmen und Entscheidungstragende suchen stets nach Wegen, ihre Organisation anpassungsfähig und zukunftssicher zu gestalten. Dieser Artikel beleuchtet, was unter Agilität und Flexibilität zu verstehen ist, warum diese Konzepte mehr als nur Synonyme sind und wie sie sich erfolgreich miteinander kombinieren lassen.

Agilität vs. Flexibilität: einfach erklärt 

Agilität und Flexibilität werden oft im Zusammenhang mit New Work, agilen Organisationsformen und flexiblen Arbeitsmodellen (siehe auch Agile Remote work) genannt. Beide Konzepte betonen die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen. Dennoch unterscheidet sich ihre Herangehensweise: Während Agilität langfristige Veränderungen und agile Werte und Prinzipien in den Vordergrund stellt, bezieht sich Flexibilität stärker auf kurzfristige und punktuelle Anpassungen.  

Agilität erklärt 

Agilität bezeichnet die Fähigkeit einer Organisation in komplexen, sich schnell verändernden, uneindeutigen Rahmenbedingungen (VUCA) erfolgreich agieren zu können. Dabei geht es nicht nur um schnelles Reagieren, sondern vor allem um eine agile Denkweise: Nicht allein die Anwendung von agilen Arbeitsmethoden (z. B. Kanban oder Scrum), sondern vor allem um das empirische Handeln. Selbstorganisation, Manifeste, Werte und Strukturen dienen dazu, durch Experimente und kontinuierliches Feedback aus der realen Welt schrittweise die optimale Lösung zu iterieren.  

Eigenschaften von agilen Firmen 

Agile Firmen richten ihre Prozesse und Strukturen auf kontinuierliche Verbesserung und Innovationsfähigkeit aus. Dazu gehören laut der Agile Scrum Group: 

  • Kund:innenfokus: Regelmäßiges Einholen von Feedback, etwa durch iterative Entwicklung von Produkten (beispielsweise mit einem Minimal Viable Product (MVP)) 
  • Flache Hierarchien: Schnelle Entscheidungswege und offene Kommunikation 
  • Transparenz: Gemeinsame Sicht auf Ziele, Fortschritte und Herausforderungen 
  • Kontinuierliches Lernen: Fehler werden als Chance zur Verbesserung gesehen 

Voraussetzungen für Agilität 

Damit Agilität mehr ist als nur ein Schlagwort, braucht es bestimmte Rahmenbedingungen, die eine agile Organisationsentwicklung ermöglicht: 

  • Agile Organisationsformen: Strukturen, die eigenverantwortliches Handeln ermöglichen 
  • Proaktive Haltung: Mitarbeitende übernehmen aktiv Verantwortung und bringen Initiativen ein 
  • Agile Arbeitsmethoden: Zum Beispiel Scrum, Kanban oder andere Rahmenwerke, die iteratives Arbeiten unterstützen 
  • Kultureller Wandel & agile Trainings: Vertrauen, Fehlertoleranz und offene Kommunikation müssen fest in der Unternehmenskultur verankert sein 

 

Flexibilität erklärt 

Flexibilität beschreibt die Fähigkeit, auf äußere oder innere Veränderungen zeitnah zu reagieren, ohne zwingend die Werte oder Grundprinzipien einer Organisation zu ändern. Beispielsweise reicht es oft aus, wenn zwei Mitarbeitende ihre Schichten tauschen, um flexibel zu agieren. Ein Unternehmen kann flexible Arbeitszeiten einführen oder ein Team kurzfristig umstrukturieren, ohne dass eine tiefgreifende agile Kultur erforderlich ist. Im Gegensatz dazu basiert die Grundlage von Agilität auf Empirismus.  

Die Frage, ob sich Agilität ohne Flexibilität umsetzen lässt (oder umgekehrt), lässt sich so beantworten: Flexibilität kann durchaus in trivialen Arbeitsprozessen vorhanden sein, ohne dass ein tiefes agiles Mindset vorliegt. Doch ohne die Bereitschaft, sich flexibel an Experimente und reale Rückmeldungen anzupassen, wird es unmöglich, wirklich agil zu werden. Um vollumfängliche Agilität zu leben, ist ein gewisses flexibles Mindset innerhalb der agilen Strukturen und Prozesse unverzichtbar. 

Die 3 Dimensionen der Flexibilität 

  1. Zeitliche Flexibilität: Betriebliche und persönliche Erfordernisse können durch Gleitzeit oder unterschiedliche Projektlaufzeiten in Einklang gebracht werden. Mitarbeitende gewinnen Freiräume, während das Unternehmen rasch auf Veränderungen reagieren kann.  
  2. Räumliche Flexibilität: Homeoffice, Remote Work und der digitale Workplace ermöglichen es, unabhängig vom physischen Arbeitsplatz zu agieren. Digitale Kollaborations-Tools machen verteiltes Arbeiten unkompliziert und helfen, flexibel auf externe Einflüsse zu reagieren. 
  3. Organisatorische Flexibilität: Rollen können kurzfristig gewechselt werden, um spezifische Fähigkeiten optimal einzusetzen. Rollenwechsel und projektbasierte Zusammenarbeit ermöglichen es, schnell auf neue Anforderungen im Markt zu reagieren. Projektarbeit findet in interdisziplinären Teams, anstatt starrer Abteilungsstrukturen statt. 

Eigenschaften von flexiblen Firmen 

Flexible Firmen erkennen frühzeitig, wenn Anpassungen nötig sind, und nutzen schlanke Strukturen, um diese Änderungen umzusetzen. Typische Merkmale sind: 

  • Adaptives Projektmanagement: Umverteilung von Ressourcen und Projektzielen in kurzer Zeit 
  • Offene Rollenprofile: Anpassung an den Projektbedarf statt fester Arbeitsplatzgrenzen 
  • Geringe Bürokratie: Entscheidungswege bleiben kurz und sind leicht nachvollziehbar 

Voraussetzungen für Flexibilität 

  • Flexible Denkweise: Bereitschaft, etablierte Prozesse zu hinterfragen und anzupassen 
  • Technologische Infrastruktur: Tools und Plattformen, die Remote Collaboration ermöglichen 
  • Klare Kommunikationswege: Schnelle Abstimmungen sind möglich, relevante Informationen liegen zentral vor 
  • Vertrauen: Einsatz moderner Arbeitsmodelle, z. B. Homeoffice, verlangt gegenseitiges Vertrauen und Eigenverantwortung 

 

Agilität vs. Flexibilität: Wie sich die beiden Konzepte unterscheiden 

Obwohl Agilität und Flexibilität oft miteinander gleichgesetzt werden, besteht ein wesentlicher Unterschied in der Herangehensweise: Agilität bedeutet, Veränderungen proaktiv zu antizipieren und sich kontinuierlich zu verbessern. Flexibilität hingegen zielt darauf ab, schnell und situationsabhängig reaktiv zu handeln. 

Gemeinsamkeiten und Unterschiede 

Beide Ansätze adressieren die Anpassungsfähigkeit von Organisationen. Allerdings unterscheidet sich das Vorgehen: 

Aspekt  Agilität  Flexibilität 
Zeithorizont Langfristige Anpassung, kontinuierliche Verbesserung Kurzfristige Reaktion auf akute, punktuelle Veränderungen 
Fokus Proaktives Vorgehen (z. B. Marktchancen identifizieren, MVP-Ansatz) Reaktives Vorgehen (z. B. schnelle Projektumstellung, flexible Arbeitszeiten) 
Kulturelle Ausrichtung  Being agile vs. Doing agile: Ein Wertekanon ist zentral Kultur kann traditionell sein, solange schnelle Anpassung möglich ist
Methoden  Agile Arbeitsmethoden (z. B. Scrum) für iterative Entwicklung Methoden können variieren, starke Orientierung an Bedarf und Ressourcen
Organisation  flache Hierarchien, crossfunktionale Teams, agile Organisationsformen  Formelle Struktur kann bestehen bleiben, sofern sie zeitnah modifizierbar ist 

 

Überschneidungen: Beide Konzepte erhöhen die Anpassungsfähigkeit einer Organisation. Unternehmen profitieren etwa durch bessere Resilienz gegenüber Marktveränderungen und können schneller auf Kund:innenwünsche reagieren. 

Spezifische Merkmale: Während Agilität in erster Linie einen kulturellen und strukturellen Wandel verlangt, kann Flexibilität punktuell eingeführt werden, beispielsweise durch flexible Arbeitsmodelle oder zeitlich begrenzte Projekte. 

Warum ist es wichtig, zwischen Agilität und Flexibilität zu unterscheiden? 

Agilität wird oft missverstanden, wenn sie ausschließlich mit zeitlicher oder räumlicher Flexibilität und mit Tools, wie Jira gleichgesetzt wird. Wird beispielsweise Homeoffice eingeführt, deckt dies zwar einen Teilaspekt der Flexibilität ab, garantiert jedoch nicht, dass komplexe Aufgabenstellungen empirisch gelöst werden können oder dass ein agiles Mindset sowie agile Werte und Prinzipien tatsächlich verinnerlicht sind. 

Eine klare Unterscheidung hilft, passende Maßnahmen zu ergreifen und Vorurteile – etwa, dass Agilität lediglich hektisches Arbeiten bedeute – aus dem Weg zu räumen. Hektisches Arbeiten ist weder agil noch flexibel – im Gegenteil, je hektischer die Arbeitsumgebung, desto unflexibler reagieren Personen. Für Unternehmen, Teams und Einzelpersonen ist es daher relevant, zu verstehen, ob sie ein umfassendes Kultur- und Organisationskonzept anstreben, das die Fähigkeit zur empirischen Lösung komplexer Aufgabenstellungen fördert – also Agilität – oder ob sie primär auf unmittelbare Reaktionen auf spezifische Anforderungen setzen, wie es Flexibilität ermöglicht. 

Wie ergänzen sich Agilität und Flexibilität? 

Agilität und Flexibilität können sich gegenseitig verstärken. Eine auf agile Produktentwicklung ausgerichtete Organisation profitiert beispielsweise davon, dass bereits eine offene Kultur vorhanden ist, in der temporäre Umstellungen (etwa durch flexible Arbeitsmodelle) schneller akzeptiert werden. Zugleich kann eine Firma, die flexibel agiert, erste Schritte in Richtung Agilität gehen, indem agile Arbeitsmethoden eingeführt werden und sukzessive ein agiles Mindset entsteht. Auf diese Weise entstehen Synergien: Flexibilität ermöglicht schnelle Veränderungen, während Agilität die Struktur und Kultur schafft, diese Veränderungen nachhaltig zu verankern. 

Konflikte können auftreten, wenn das Management zwar auf schnelle Anpassungen setzt, aber keine proaktive Haltung fördert. Dann bleibt das Unternehmen zwar reaktionsfähig, kann jedoch keine langfristige Lern- oder Innovationskultur etablieren.  

 

5 EFS Consulting Tipps für eine erfolgreiche Kombination von Agilität und Flexibilität 

  1. Klare Zielsetzung
    Jede Initiative – ob agil oder flexibel – sollte eine eindeutige Zielsetzung haben. Eine transparente Kommunikation der Ziele erleichtert es, Prioritäten zu setzen und sicherzustellen, dass alle relevanten Bereiche einbezogen werden. 
  2. Iteratives Vorgehen mit MVPs
    Neue Projekte sollten möglichst klein starten und auf Minimal Viable Products (MVP) basieren. Dies ermöglicht schnelles Feedback, das in den nächsten Entwicklungszyklus einfließt. Auf diese Weise wird Agilität gelebt und gleichzeitig Flexibilität bei der Umsetzung bewahrt. 
  3. Technologische Basis stärken
    Digitale Tools sind essenziell für flexible Arbeitsmodelle und agiles Projektmanagement. Eine stabile, skalierbare Infrastruktur und die richtigen digitalen Tools erleichtert das Zusammenspiel aus agiler Entwicklung und flexibler Reaktion auf Kund:innenwünsche. 
  4. Strukturelle Hindernisse beseitigen und proaktive Haltung fördern
    Bevor eine proaktive und initiativ geprägte Unternehmenskultur gedeihen kann, müssen bestehende strukturelle Hindernisse im Unternehmen aus dem Weg geräumt werden. Erst dann können Mitarbeitende eigenverantwortlich agieren, Veränderungen anzustoßen und sich schnell auf neue Anforderungen einzustellen. Gezielte Schulungen, Trainings und ein offener Wissensaustausch sind hierbei entscheidende Faktoren. 
  5. Feedback- und Lernkultur etablieren
    Flexibles Arbeiten und agiles Arbeiten gelingen nur, wenn offene Kommunikation und gegenseitiges Feedback selbstverständlich sind. Regelmäßige Reviews, Retrospektiven und Daily Stand-ups sind Beispiele für ein funktionierendes Feedback-System, das sowohl Agilität als auch Flexibilität stärkt. 

 

Fazit 

Agilität und Flexibilität sind Schlüssel, um in einer sich rasch wandelnden Umgebung zu bestehen. Beide Konzepte können sich ergänzen, unterscheiden sich aber in Reichweite und Tiefgang. Wenn Sie Ihre Organisation zu mehr Flexibilität oder Agilität transformieren wollen, melden Sie noch heute bei EFS Consulting. EFS Consulting unterstützt Sie dabei, spürbare Erfolge zu erzielen und entwickelt passgenaue Strategien, die Ihre Anpassungsfähigkeit stärken und Ihre Unternehmensstrukturen zukunftssicher machen. 

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