EFS Consulting
02.09.2024

Agiles Mindset: Der Motor jeder agilen Transformation in Unternehmen

Einige Artikel zu den Themen Change-Management, agiles Projektmanagement und Agilität leiten ein mit den Worten: Die Welt verändert sich rasant und wir müssen uns darauf einstellen!. Jede:r spürt es, aber nicht jede:r möchte dem Wandel entgegenblicken. Dieser Artikel erklärt, warum die agile Einstellung der Motor jeder agilen Transformation in Unternehmen ist und wie ein agiles Mindset in Unternehmen gelernt und erfolgreich implementiert werden kann. 

Was ist ein agiles Mindset? 

Der generelle Begriff „Mindset“ bezeichnet Denkweisen oder innere Überzeugungen von Menschen. Das agile Mindset beschreibt die Haltung von Menschen. Der Ausdruck erklärt, dass man sich in jeder Phase des Lebens verändern und entwickeln kann und man bewusst mit der ständigen Veränderung von außen (Politik, Umwelt, Markt, Kundenbedarf etc.) umgehen, sowie schnell und effizient darauf reagieren kann.  

Die starren Strukturen und Prozesse aus dem traditionellen Denken hingegen können oftmals nur schwer aufgebrochen werden, wodurch ein schnelles Reagieren auf Veränderungen die meiste Zeit unmöglich ist.  

Die Verbindung zwischen agilem Mindset und agilem Verhalten 

Die positive Veränderung von Menschen in Transformationsprozessen erkennt man an der wachsenden Bereitschaft Neues auszuprobieren und der Offenheit für Transformation. Dieses formt sich unter den Mitarbeitenden und kann sich aufgrund des fortschreitenden Know-hows über agiles Arbeiten und von zahlreichen Reflexionsschleifen tiefgreifend im Unternehmen verankern. Agiles Denken führt demnach zu agilem Handeln und legt die oftmals unbewusste Verbindung von agilem Mindset zu agilem Verhalten. 

Die Bedeutung des agilen Mindsets: Vorteile für Unternehmen 

Die Vorteile eines gelebten agilen Mindsets in Unternehmen, die sich schnell und effizient auf Veränderungen einstellen müssen, kann man an folgenden Faktoren festmachen: 

  • Kürzere Markteinführungszeit: Iterative Prozesse ermöglichen effizientes und rasches Entwickeln und Verkaufen von Produkten. 
  • Bestätigte Kundenzufriedenheit: Geschärfter Fokus auf Kundenbedürfnisse erhöht die Kundenzufriedenheit. 
  • Gesteigerte Innovationsfähigkeit: Kreative Impulse und Lösungen aus der eigenen Organisation setzen neue Maßstäbe. 
  • Erhöhte Zufriedenheit der Mitarbeitenden: Selbstorganisierte Teams und offene Kommunikationskultur fördern Mitarbeiter:innenbindung und -motivation. 

Die Prinzipien des agilen Mindsets 

  1. Gemeinsame Ziel- und Leitbilder: Ein Unternehmen ist so stark wie die gemeinsame Vision. Der Fokus auf die gemeinsame Marschrichtung wird regelmäßig im Team überprüft und nachgeschärft. 
  2. Kund:innenfokus: Das kontinuierliche Anpassen aller Aktivitäten. Produkte und Dienstleistungen an die Bedürfnisse und Erwartungen der Kund:innen verspricht langfristigen Erfolg. 
  3. Iterative Entwicklung: Kurze, überschaubare Zyklen (Iterationen) vereinfachen die Überprüfung und Anpassung der Arbeitspakete. 
  4. Transparenz und Feedback: Teams kommunizieren offen, reflektieren und lernen gemeinsam und aus Fehlern. 
  5. Selbstorganisierte Teams: Die Verantwortung wird bei den Expert:innen belassen. Teams organisieren sich autonom und eigenverantwortlich. 
  6. Kontinuierliche Verbesserung: Arbeitsweisen, Prozesse und Produkte werden kontinuierlich optimiert. 

Das Wertesystem zur Orientierung 

In komplexen Systemen ist es nicht mehr möglich für jeden Fall eine klare Regelung parat zu haben. Eine gemeinsame Orientierung an Werten und Prinzipien löst ein starres Regelsystem ab. 

Die folgenden fünf Werte sorgen für eine stabile agile Basis für jedes Unternehmen. Sie kreieren Orientierung und geben der Organisation Stabilität und Sicherheit in komplexen und unsicheren Zeiten. 

  1. Commitment: Das Unternehmen, die Abteilung und Teams verpflichten sich auf ein gemeinsames Ziel und verfolgen die klare Richtung zielstrebig. 
  2. Respekt: Die Basis für funktionierende Teams ist der respektvolle Umgang miteinander. Nur so kann Vertrauen aufgebaut werden und Fehlerkultur im Unternehmen gelebt werden. 
  3. Offenheit: Offene Kommunikation und regelmäßiges Feedback sind essenzielle Bestandteile in einem funktionierenden Team. 
  4. Fokus: Teams teilen sich ihre Fortschritte mit und fokussieren sich ressourceneffizient auf die eigenen Aufgaben. 
  5. Mut: Durch eine neue Lernkultur im Unternehmen werden Fehler als Lernchancen betrachtet. Es darf und soll um Hilfe gebeten werden, um rasch Hindernisse im Team zu überwinden. 

Entwicklung eines agilen Mindsets in Unternehmen 

In vielen Unternehmen gibt es Mitarbeitende, die bereits über ein agiles Mindset verfügen, sich dessen aber nicht bewusst sind. Andere wiederum haben die Chance, sich mitzuverändern und zu lernen. Ziel der Implementierung eines agilen Mindsets ist es, alle Mitarbeitende sanft in die Veränderung der Unternehmenskultur mitzunehmen. 

5 Maßnahmen zur erfolgreichen Entwicklung eines agilen Mindsets in Unternehmen 

Mit folgenden Maßnahmen kann eine stufenweise Weiterentwicklung in Richtung agiles Mindset in einem Unternehmen funktionieren: 

1. Schulungen und Workshops 

Die Führungsmannschaft und in sinnvollen Trainingsetappen die restlichen Mitarbeitenden sollen nachhaltig in agile Denkweise und Arbeitsweise sowie in die Nutzung agiler Tools eingeführt werden. Ein Trainingsplan sollte durch die Personalabteilung und das Führungsgremium mit einem guten Mix aus Internem Trainingsstab und externen agilen Trainings und Workshops konzeptioniert und konstant an die individuellen Weiterbildungsbedarfe angepasst werden. 

2. Pilotprojekte starten 

Kleine Projekte und schnelle Erfolge gemäß John P. Kotter (8-Stufen-Modell „Leading Change“) sollen Motivation für die nächsten Schritte geben. Hierfür bieten sich Pilotprojekte in einzelnen Abteilungen an, die schnell umsetzbare Ziele erreichen, um einen Sog für weitere Umsetzungen im Unternehmen zu erzeugen. 

3. Führungskoalition als Vorbilder 

Das agile Mindset vorzuleben macht jede Führungskraft zum Vorbild. Und gleichzeitig wird durch das persönliche Erfahren am Weg zum agilen Mindset von der Leitungsmannschaft erkannt, wo die Schwierigkeiten im eigenen Lernprozess auftreten und entsprechend auch bei den Mitarbeitenden auftreten können. Es gilt Führungskräfte zu befähigen und diese als Treiber:innen in der Transformation einzusetzen. 

4. Feedback-Schleifen leben 

Eine kontinuierliche Lernkultur zu implementieren, heißt auch, Retrospektiven und Feedback-Schleifen im Unternehmen zu forcieren und Gelerntes nachhaltig zu integrieren. Das agile Projektmanagement bedient sich einiger agiler Rituale wie der täglichen Syncs, der Sprint Retrospektive oder der System Demo, damit sich Teams intensiver kennenlernen, die agilen Werte beginnen zu leben, Fehler zu Learnings machen und ihre Errungenschaften zu feiern; beides gehört zum Veränderungsprozess und einem agilen Mindset dazu. 

Feedback und interatives Vorgehen sind wesentliche Bausteine in der Produktentwicklung aber vor allem in der Transformation. 

5. Anpassungsfähige Prozesse, Strukturen & Tools 

Aufgrund von intrinsisch motivierten Mitarbeitenden und teamübergreifende Zusammenarbeit werden Prozesse, Strukturen und Tools laufend auf die eigenen Bedürfnisse angepasst, überprüft und verwendet. 

Herausforderung und Widerstände in dem Mindset Shift 

Die Umstellung auf ein agiles Mindset ist nicht ohne Herausforderungen. Widerstände können aus verschiedenen Ebenen der Organisation kommen. Es ist wichtig, diese frühzeitig zu erkennen und anzugehen: 

  • Kulturelle Barrieren:

Eine etablierte Unternehmenskultur lässt sich nicht über Nacht ändern. Hier helfen ein schrittweiser Ansatz und die Einbindung aller Mitarbeitenden. 

  • Fehlendes Vertrauen:

Vertrauen ist die Grundlage agiler Arbeitsweisen. Führungskräfte müssen Vertrauen in die Fähigkeiten und Entscheidungen ihrer Teams haben. Mehr zu diesem Thema hören Sie in der EFS Podcast Folge die das Zusammenspiel von Agilität, Veränderung und Vertrauen beleuchtet.  

  • Mangelnde Ressourcen:

Oft fehlen Zeit und Geld für die notwendige Transformation. Eine klare Priorisierung und schrittweise Umsetzung kann hier Abhilfe schaffen. 

Wie agil ist das Mindset eines Unternehmens wirklich: Roadmap und Standpunkt bestimmen 

Eine umfassende Bewertung der Unternehmenskultur, Praktiken und Denkweisen innerhalb der Organisation zu erstellen, unterstützt, das vorherrschende agile Mindset in einem Unternehmen zu bestimmen. Hier sind einige Methoden und Ansätze für eine mögliche Roadmap, um das agile Mindset zu bewerten: 

  • Umfragen: Einzel- und Gruppenbefragungen zu Teamzusammenhalt, Teamwork, Flexibilität, Kundenfokus, Selbsteinschätzung 
  • Trainings und Workshops: Näherbringen von agilen Inhalten und vertraut werden mit der Feedbackkultur 
  • Shadowing (Beobachten der Tätigkeit) und Peer-Groups (gemeinsames Erarbeiten von Themen): Möglichkeiten geben, bei agilen Zeremonien wie Daily Syncs, Sprint Retrospektiven und Sprint Reviews zuzusehen, mitzumachen, sie selbst zu moderieren und Kleingruppen formen, um agile Inhalte zu diskutieren 
  • Metriken: Überprüfung von vorherrschenden Richtlinien und Einführung von Leistungskennzahlen bzw. KPIs, auch Feedbackschleifen ergeben Verbesserungsmaßnahmen 
  • Führungskräfte-Coaching: verbessertes Führungsverhalten führt zu Vorbildwirkung 

Ein kontinuierliches Durchführen dieser Methoden und Ansätze zur Implementierungs-Roadmap des agilen Mindsets garantieren das nachhaltige Verankern dieser Philosophie im Unternehmen. 

EFS Agilitäts-Expert:innen im Gespräch: 3 Fragen zu dem agilen Mindset

Kann ein Unternehmen agil werden ohne agiles Mindset? 

John P. Kotters 8-Phasenmodell weist explizit darauf hin, dass jede Stufe in einem Unternehmen durchlaufen werden muss, um eine agile Transformation und die gewünschte Veränderung im Unternehmen zu erlangen. Dieser Change setzt den Wandel zum agilen Mindset voraus.  

Die Veränderung von Prozessen und Arbeitsweisen geht Hand in Hand mit einem neuen Denkmuster, das lediglich unterstützen soll, resilienter gegenüber den raschen Einwirkungen von außen zu werden. Wie Aristoteles meinte:

Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.

Starr in alten Denk- und Arbeitsmustern zu verharren, wird Mitarbeitende in unserer rasanten Welt der Veränderungen eher aus der Bahn werfen. Agil denkende resiliente Menschen in Unternehmen jedoch können sich leichter anpassen, sich selbst, in der Gruppe und im Unternehmen besser reflektieren und motiviert in das neue Arbeitszeitalter eintauchen. 

Wie erzeugt man intrinsische Motivation und Begeisterung für agile Transformationsprozesse unter den Mitarbeitenden? 

Echte intrinsische Motivation für agile Transformation unter den Mitarbeitenden zu erzeugen ist kein leichter Auftrag. Womöglich kann man diese nicht erzeugen, aber man kann für die entsprechenden Rahmenbedingungen sorgen. Sobald die Entscheidung für die Einführung agiler Arbeitsprozesse vom Management gefallen ist, bzw. der Wunsch, agiles Denken in das Unternehmen zu bringen, formuliert wurde, ist der nächste sinnvolle Schritt, eine Treiber-Koalition für die agile Transformation im Unternehmen zu installieren. Menschen, die sich zur Aufgabe gemacht haben, den Wandel mitzugestalten und ihn positiv und motiviert voranzutreiben, sind als Vorbilder wesentlich. Sie motivieren, befähigen und unterstützen andere womöglich bei ihren privaten und beruflichen Veränderungsprozessen und am Weg zum agilen Mindset. Als Treiber erinnern sie ihre Kolleg:innen an die positiven Erfolge (Quick Wins) und bestätigen sie stetig in ihrem Tun. Nur so kann intrinsische Motivation der Mitarbeitenden langsam entstehen und sich vermehren. 

Wenn sich mein Unternehmen entscheidet, eine agile Transformation einzuläuten, welche Vorteile bringt es für Mitarbeitende? 

Oftmals werden Mitarbeitende nicht darauf vorbereitet, was es für sie heißt, wenn das Management „Wir werden jetzt AGIL im Unternehmen!“ verkündet. Diese oder ähnliche Aussagen von Mitarbeitenden, können ohne gute interne Kommunikation, Unruhe ins Unternehmen bringen. Es werden möglicherweise eher negative Veränderungen, wie Personalabbau, Umstrukturierungen und Jobwechsel befürchtet. Welches Wording braucht es, damit Mitarbeitende dem Wandel positiv entgegenblicken können? 

Harrison Ford meinte, dass „große Veränderungen in unserem Leben eine zweite Chance sein können“. Diese inspirierende und mutige Einstellung kann eine hilfreiche Herangehensweise für den Wandel sein und es heißt jetzt, die neue Chance im Leben zu ergreifen! 

Es zeigt sich, das Mitarbeitenden mit einem positiven reflektierten agilen Mindset den Wandel mit folgenden Vorteilen und Chancen in Verbindung bringen: 

  • Die Möglichkeit, neue agile Frameworks, neue Arbeitsweisen und Tools kennenzulernen. 
  • Die Chance zahlreiche neue agile Rollen zu besetzen.  
  • Coaches, Coachinnen, Trainer:innen, möglicherweise externe Dienstleister und Berater:innen stellen ihre Expertise zur Verfügung, von der Mitarbeitende profitieren und lernen können.  
  • Durch die Befähigung der Menschen im Unternehmen kann mehr Verantwortung in der jeweiligen Rolle übernommen und mehr Mitspracherecht gewonnen werden. 
  • Es kann kreativ und teamübergreifend gearbeitet werden und man erhält die Chance, sich offen mit Kolleg:innen über die verändernde Unternehmenskultur auszutauschen und Fehler als Lösungsansätze anzusehen.  

Fazit 

Ein agiles Mindset ist eine grundlegende und tiefgreifende Veränderung der Denkweise und Unternehmenskultur. Ab dem Moment, in dem dieser Wandel der Mitarbeitenden in einem Unternehmen erfolgreich angestoßen wird, stellt sich das Unternehmen schneller und flexibler auf Veränderungen ein und treibt Innovation, Kundenzentrierung und kontinuierlicher Verbesserungen wettbewerbsorientiert langfristig an. 

Insights

Drei Kollegen von EFS Consulting im Gespräch
Agile Führung: Bedeutung, Prinzipien und Erfolgstipps
Agilität ganzheitlich betrachtet

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