Plattform und Modularisierungsoptimierung in der Konsumgüterindustrie
In diesem Insight erfahren Sie, welche Kostenoptimierungspotentiale in der Konsumgüterproduktion stecken und durch Modularisierung – dargestellt am Beispiel Möbelindustrie - gehoben werden können.
Modularisierungskonzept: Beispiel Möbelindustrie
Eine erfolgreiche Umsetzung eines Modularisierungskonzeptes startet immer mit der Analyse der differenzierenden, zum Kauf anregenden Merkmale des Produktes. Durch die Realisierung von Synergien in der Produktion darf das Angebot an Kund:innen nicht weniger spannend oder attraktiv werden. Wenn dieses Prinzip auf die Möbelindustrie umgelegt wird, ist es im Regelfall die Gestaltung der Fronten, die eine Produktlinie definiert und Kund:innen anspricht. Der Korpus selbst ist dafür wenig ausschlaggebend und demnach der Produktbestandteil, der in höchstem Maße standardisiert über mehrere Produktlinien hinweg zum Einsatz kommen sollte.
Oftmals werden vom Category- oder Produkt-Management im Handel Produkte kreativ gestaltet, die auf Synergiepotenziale in der Produktion – „Mehrfachverwendung von Bauteilen“ – im Sinne von Abmessungen, verwendeten Produktionsmaterialien etc. wenig optimiert sind. Das führt zu Komplexität in der Supply Chain, Lagerhaltung, den Produktionsprozessen und letztendlich erhöhten Produktkosten. Insbesondere bei vertikalisierten Betrieben, die einerseits Händler sind und andererseits einen Produktionsbetrieb besitzen ist das ein sehr großer Hebel effizient produzieren zu können.
Insbesondere in der Möbelindustrie lässt sich das Prinzip der Modularität optimal anwenden. Die Grundidee ist, dass komplexe Produkte in einzelne, flexibel kombinierbare Module oder Einzelkomponenten unterteilt werden.
Im Möbelbau bedeutet das beispielsweise, dass auf Basis möglichst weniger unterschiedlicher Zuschnitte, Verbindungsteile und Applikationen ein Maximum an Produktvarianten hergestellt werden soll. Als wichtigste Prämisse ist zu sehen, jeweils Kund:innen das gewünschte Produkt anbieten zu können, um keinen Umsatz zu verlieren und gleichzeitig dem Hersteller eine möglichst durchlaufende, automatisierte Produktion zu ermöglichen.
Vorteile der Modularisierung durch Steigerung der Effizienz und damit verbundenen Kostengewinnen
Die Vorteile ziehen sich durch den gesamten End2End Produktlebenszyklus. Produktentwicklung und -design funktionieren schneller, da mit einem etablierten Set an Bauteilen und Zuschnitten gearbeitet wird. Produktionsausschuss und Rüstzeiten der Maschine sinken, da große Mengen standardisierter Produkte am Stück gefertigt werden. Lagerhaltungs- und Verpackungskosten sinken, weil weniger Bauteil-Varianten im Prozess vorhanden sind und so der Administrationsaufwand geringer ausfällt. Durch die Konzentration auf wenige aber oftmals verwendete Bauteile ergeben sich Bündelungseffekte, die mittels Ausschreibung am Lieferantenmarkt in bessere Beschaffungskonditionen umgemünzt werden können. Somit werden zusätzlich zu internen Kostenblöcken auch die externen Kosten für Rohstoffe, Produkte und Dienstleistungen reduziert.
Dabei wird in die Varianten- und Designvielfalt in den Sortimenten nur bedingt eingegriffen, da das Design und Erscheinungsbild stark von der Frontpartie des Möbelstücks geprägt und viel durch die Farbgebung gestaltet wird, die voll individuell erhalten bleibt. Sollte es notwendig sein eine neue Frontpartie in den Modul-Baukasten aufzunehmen, um ein spezielles Design zu ermöglichen, kann das immer noch erfolgen. Wichtig dabei ist, dass für die Aufnahme eines weiteren Bauteils ein Entscheidungsprozess durchlaufen werden muss, in dem auch die Produktion involviert ist und keine „ungesteuerten“ Listungen vorgenommen werden können.
Der größere Hebel liegt in diesem konkreten Beispiel ohnehin in der Gestaltung des Korpus. Hier kann durch die Modularisierung am meisten erreicht werden, da hier die größte Anzahl an Zuschnitten und Bauteilen für die Herstellung des Möbels notwendig ist.
Herausforderungen bei der Implementierung von Modularisierungs-Projekten
Eine wesentliche Herausforderung ergibt sich gleich zum Start des Projektes mit dem Thema der Datenverfügbarkeit. Um den Status Quo in einer Produktpalette ermitteln zu können werden die aktuell verwendeten Teile in der Produktion benötigt. Die Daten für diese BOM („Bill of Materials“) sind oftmals in verschiedenen Systemen gespeichert und müssen für die Analyse verfügbar gemacht werden.
Auf Basis der Datenanalyse ist es erfolgskritisch die nächsten Projektschritte durchzuplanen – hierbei ist besonderes Augenmerk auf die Kompatibilität der Bauteile zu legen, um sicherzustellen, dass alle Produktvarianten weiterhin realisiert werden können und Qualitätseinbußen ausgeschlossen werden. Da in viele Schritte des Produktlebenszyklus eingegriffen werden muss, ist es essenziell proaktiv zwischen den Stakeholder-Teams zu kommunizieren und Einverständnis über die nachfolgenden Schritte zu erreichen. Hier wird schrittweise in eine laufende Produktion eingegriffen, die trotz Umstellungen nicht zum Stillstand kommen darf. Einen Fokus auf den Change-Prozess zu legen ist auch ratsam, weil sich zum Teil auch Arbeitsweisen und Prioritäten im Unternehmen verändern, was auch zu internen Widerständen führen kann. Die Veränderung beginnt bereits im Designprozess des Produktes, der nun nicht mehr mit einem „weißen Blatt Papier“ startet, sondern beispielsweise im VariantPlanner, einem Tool zur Variantenplanung, das Effizienz in die Entwicklung von Bauteilen bringt und ermöglicht, den Entwicklungszyklus zu verkürzen.
Longterm Benefits – Erfahrungswerte aus Modularisierungsprojekten
Das Denken in modularen Strukturen und modulare Produktarchitekturen liefern nachhaltig Benefits auf mehreren Ebenen. Basierend auf EFS Projekterfahrung in komplexen Produktionsumgebungen sind das:
- 17% geringere Lagerkosten
- 22% weniger Finanzierungskosten
- 26% Reduktion der Komponenten
- 6% Reduktion der Materialkosten
- 21% Steigerung der Produktionseffizienz
Dabei ist mit einer Dauer von etwa 3 – 4 Monaten pro Warengruppe für Modularisierungsprojekte zu rechnen. Daran anschließend folgt meist eine Einkaufsinitiative zur Optimierung der Beschaffungskonditionen der gebündelten Bedarfe, die pro Bedarfsgruppe je nach Komplexität 4 – 6 Monate dauert.
Fazit
Modularisierungskonzepte helfen Komplexität von mehreren Seiten aus dem Produktionsprozess zu nehmen, weil eine Vielzahl von Produkten aus einer überschaubaren Menge an Bauteilen erstellt werden kann. Das führt zu einer Reduktion interner Kosten für unter anderem Lagerung, Finanzierung, Standzeiten von Maschinen und ermöglicht ebenso eine Verbesserung externer Beschaffungskosten durch die geschaffenen Bündelungseffekte.
EFS Consulting verfügt über mehr als 20 Jahre Projekterfahrung im Kontext Modularisierung in der Industrie und hat unter anderem Plattformen und modulare Baukästen entwickelt hat, die es OEMs ermöglichen, Fahrzeuge effizienter und flexibler zu produzieren. Diese Ansätze haben wir nun in Projekten auf artverwandte Branchen erfolgreich angewandt.