Das Variantenmanagement-Tool: Der EFS Consulting MOPS-Algorithmus
Variantenmanagement ist ein zentraler Aspekt für Hersteller, wenn es darum geht komplexe Märkte mit spezifischen Kundenanforderungen, unterschiedlichen Gesetzesanforderungen ressourcenschonend zu bedienen und das bei möglichst geringen Kosten. In diesem Insight wird der von EFS Consulting entwickelte Algorithmus MOPS erst theoretisch und anschließend anhand einer Case Study vorgestellt, der als begleitendes Tool zur Variantenreduktion dient.
Das Wichtigste in Kürze
- Variantenmanagement bedeutet, Produkte und Dienstleistungen so zu gestalten und zu strukturieren, dass die entstehende Vielfalt (z. B. verschiedene Varianten, Teile, Märkte oder Produktionsprozesse) mit geeigneten Methoden effektiv beherrscht wird.
- MOPS (“Multiple Objective Portfolio Streamlining”) ist ein Algorithmus, der das maximal sinnvolle Variantenreduktionpotential berechnet.
- MOPS optimiert Zielkonflikte: Es entsteht ein Trade-off an der ein minimales Portfolio mit Hilfe von MOPS errechnet wir, um ein Reduktion-Baseline zu erhalten.
- Ein EFS Praxisbeispiel zeigt, wie MOPS ein Produktportfolio um 15–45 % verschlanken kann – bei gleichbleibender Markt- und Kundenabdeckung.
Was ist Variantenmanagement: Definition und Grundlage
„Variantenmanagement umfasst die Entwicklung, Gestaltung und Strukturierung von Produkten und Dienstleistungen bzw. Produktsortimenten im Unternehmen. Dadurch wird angestrebt, die vom Produkt ausgehende Komplexität (Anzahl, Teile, Komponenten, Varianten usw.) wie auch die auf das Produkt einwirkende Komplexität (Marktdiversifikation, Produktionsabläufe usw.) mittels geeigneter Instrumente zu bewältigen.“ (Schuh, G.; Riesener, M. (2018): Produktkomplexität managen – Strategien, Methoden, Tools; 3. Auflage; München: Carl Hanser Verlag)
Variantenmanagement spielt in der heutigen Welt eine zentrale Rolle, weil Kund:innen ein möglichst breites Portfolio erwartet wird, um spezielle Wünsche erfüllen zu können. Dadurch steigt die Variantenzahl stark an – gleichzeitig müssen Kosten reduziert werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Ziel des Variantenmanagements ist es daher, genau jene Varianten im Portfolio zu behalten, die möglichst viele Kundenanforderungen abdecken, den größtmöglichen Absatz erzielen und wirtschaftlich am rentabelsten sind. Anders gesagt: Es geht darum, den besten Trade-off zu finden, um ein möglichst breites Angebot bei gleichzeitig hohem Gewinn sicherzustellen.
Ein zentraler Hebel innerhalb des Variantenmanagements ist die Variantenreduktion. Indem redundante Teile, Baugruppen oder Produktvarianten eliminiert werden, lässt sich die Komplexität deutlich verringern. Das vereinfacht Entwicklung, Beschaffung, Logistik, Produktion und Vertrieb gleichermaßen. Gleichzeitig hat eine Reduktion direkte Kosteneffekte bei Neuentwicklungen, da Entwicklungs- und Werkzeugkosten eingespart werden können. Langfristig trägt die Minimierung der Varianten auch dazu bei, die laufenden Komplexitätskosten zu senken, darunter Dokumentation, Lagerung, Beschaffung und Logistik.
Genau hier setzt der MOPS-Algorithmus an: Er unterstützt Unternehmen dabei, das maximale Reduktionspotenzial zu identifizieren und eine effiziente Basis für Entscheidungen im Variantenmanagement zu schaffen.
MOPS: Der EFS Consulting Algorithmus
Als unterstützendes Tool für die Variantenreduktion hat EFS Consulting den MOPS-Algorithmus (Multiple Objective Portfolio Streamlining) entwickelt. MOPS optimiert gleichzeitig mehrere, teilweise widersprüchliche Ziele im Variantenmanagement. Technisch betrachtet löst MOPS ein approximiertes Multi Objective-Set Union Knapsack Problem und gibt eine Approximationskurve der wahren Pareto Front zurück.
Verwendung von MOPS
MOPS kommt bei Zielkonflikten im Varianten-Management zum Einsatz. Zum Beispiel, wenn gleichzeitig die Teileanzahl reduziert und das Variantenportfolio möglichst groß bleiben soll. MOPS bietet hier die Möglichkeit eine Reduktions-Baseline zu berechnen, die beide Ziele möglichst gut erreicht. Diese Baseline dient für EFS Expert:innen als Ausgangspunkt, um etwa in Stakeholder-Workshops die ideale Lösung für und mit Kund:innen zu erarbeiten.
Funktionsweise von MOPS
Für den optimalen Einsatz und Erzielen der bestmöglichen Ergebnisse durch das Variantenreduktion Tool MOPS müssen im ersten Schritt Substitutionsmöglichkeiten bestimmt, Produktbeschreibungen auf Teile-Ebene erstellt sowie Zielfunktionen formuliert werden.
Im Detail werden folgende Schritte für die Anwendung des Algorithmus durchlaufen:
1. Bestimmung der Substitutionsmöglichkeiten
Für die Bestimmung der Substitutionsmöglichkeiten wird eine Substitutionsmatrix (allgemeiner: Transitionsmatrix) befüllt. In dieser Matrix wird festgelegt, welche Teile durch welche anderen ersetzt werden dürfen. Dabei müssen bestimmte Eigenschaften eines Teils erhalten bleiben (z. B. das Material), während andere Eigenschaften innerhalb definierter Toleranzen verändert werden können (beispielsweise darf die Blechdicke 1mm dünner oder dicker sein).
2. Erstellung der Produktbeschreibung
Zur Erstellung der Produktbeschreibung wird eine Liste mit Teilen auf der einen Seite und die aus Teilen bestehenden Produktvarianten auf der anderen Seite formuliert. Zwischen beiden Seiten muss eine funktionale Abhängigkeit bestehen: So werden beispielsweise die Teile X und Teil Y benötigt, um Variante A zu fertigen.
3. Formulierung der Zielfunktionen
- Minimierung der Teileanzahl
- Maximierung des Variantenportfolios
Mit den Zielfunktionen werden globale Annahmen festgelegt. Die dabei festgelegten Randbedingungen (Constraints) bestimmen zum Beispiel, dass bestimmte Varianten – etwa A und B – oder eine festgelegte Anzahl spezifischer Teile unbedingt erhalten bleiben müssen.
4. MOPS-Programmdurchlauf
Ein schneller Greedy-Algorithmus durchläuft die Daten iterativ und trifft in jedem Schritt die lokal optimale Entscheidung. Konkret bedeutet das: Der Algorithmus wählt aus, welches Teil aus dem Teileportfolio entfernt werden kann, ohne die Anzahl der produzierbaren Varianten stark zu reduzieren. Dabei werden die Transitionen aus der Substitutionsmatrix berücksichtigt – Teile, die ersetzt werden können, gelten nicht als verloren. Dieser Vorgang wiederholt sich, bis die Mindestanzahl an Teilen erreicht ist.
5. Ergebnis
Der Output ist eine Menge heuristisch erzeugter Kompromisslösungen: Die Reduktions-Baseline. Diese Baseline wird in einem zweidimensionalen Diagramm mit der Teileanzahl auf der x-Achse und der Variantenanzahl auf der y-Achse dargestellt. Ein solches Diagramm macht komplexe Zusammenhänge für alle Stakeholder verständlich und bildet die Basis für die folgenden Diskussionen und Entscheidungen.
EFS Consulting Case Study: Optimierung von Tankvolumen
- Kunde: OEM
- Industrie: Automotive | Commercial Vehicle
Ausgangssituation:
EFS Consulting wurde beauftragt ein Kraftstofftankportfolio zu optimieren. Die Zielvorgabe war, die Anzahl der physisch eingekauften Tanks zu minimieren. Gleichzeitig wurde gefordert, dass der komplette Bereich vom minimalen bis zum maximalen Tankvolumen weiterhin angeboten können werden soll.
Maßnahmen & Impact:
Im ersten Schritt wurden die Randbedingungen (Constraints) formuliert, denen das optimierte Tankportfolio entsprechen muss:
1) Das kleinste und das größte Tankvolumen müssen beibehalten werden, um die Tankabdeckung über den ganzen Bereich unterschiedlicher Volumina weiterhin zu gewährleisten.
2) Das schlanke Portfolio soll dem Ursprünglichen ähnlich sein, damit sich sowohl Vertrieb als auch Käufer:innen leicht zurechtfinden:
- Es sollen keine neuen Tanks oder Varianten entwickelt werden.
- Geometrisch einzigartige Tanks mit hohem Absatz werden von der Optimierung ausgenommen.
- Es sollen weiterhin Tanks in verschiedenen Materialien (Aluminium und Stahl) angeboten werden.
- Tanks dürfen nur innerhalb ähnlicher Geometrien substituiert werden: Ein Tank mit niedriger Höhe darf nur durch einen Tank niedriger Höhe ersetzt werden. Dasselbe gilt für hohe Tanks.
- Tanks, die beidseitig verbaut werden können, werden bevorzugt, da modulare Teile die Teileanzahl minimieren. Das ist eine implizite Forderung, die der Algorithmus automatisch befolgt.
3) Was ersetzt werden darf: Tanks dürfen durch andere Tanks ersetzt werden, die ein ähnliches Volumen von ±50 dm3 haben.
Anhand der oben genannten Anforderungen wurde die Substitutionsmatrix (siehe Bild unterhalb; Werte sind in dm3 zu verstehen) befüllt.
Im nächsten Schritt wurden die einzelnen Tankteile sowie die standardmäßig konfigurierbaren Tanklayouts als Funktionen aufgelistet. Die Layouts beinhalten ebenfalls die zugehörigen Tankteilenummern.
Diese Informationen wurden MOPS als Input übergeben und der Algorithmus gestartet.
Ergebnisse
Die berechnete Tankportfolio-Reduktions-Baseline – der Output – wurde als Diagramm (siehe: Bild 1 & Bild 2) dargestellt und eine korrespondierende Teileliste angefertigt, die qualitativ ausgearbeitete Ausschlussgründe für aussortierte Tanks beinhaltet. Aus der Berechnung resultierte ein deutliches Teilereduktionspotential bei marginaler Einschränkung der darstellbaren Tanklayouts.
Die Auswahl wurde durch die Expert:innen in den folgenden Kunden-Workshops technisch bestätigt und somit die Anwendbarkeit von MOPS erfolgreich demonstriert.
Im Folgenden wurden auf Kundenwunsch weitere Annahmen eingearbeitet, um ein maximal schlankes Tankportfolio mit dem MOPS-Ansatz zu schaffen.
Fazit
Die Entwicklung des MOPS-Algorithmus ermöglicht EFS Consulting, in Kombination mit der entsprechenden Fach-Expertise, für Kund:innen noch schneller effektive Lösungen im Variantenmanagement zu erzielen. Der vorgestellte Projekt-Case verdeutlicht, dass eine starke Teilereduktion nicht zwingend ein Widerspruch zu einer großen Variantenvielfalt sein muss.
EFS-Consulting sieht das Zielpotenzial für die Anwendung von MOPS bei einer Variantenreduktion zwischen 15 % und 45 %, abhängig vom Kundenbedarf und dem Umfang der Teiloptimierung. Gleichzeitig bietet EFS-Consulting seinen Kund:innen einen Werkzeugkasten, um die Produktdokumentation aufzubauen, Produktstrukturen zu visualisieren und bestehende Dokumentation zu validieren. Auf Basis des EFS-Variantenmanagementansatzes wird ein effizientes Produktportfolio vorgeschlagen, das Variantenstreichungen, Variantenrelokationen und Neuentwicklungen gezielt berücksichtigt.
FAQs
Was ist der EFS Consulting MOPS Algorithmus?
MOPS ist ein Algorithmus, der ein Produktportfolio optimiert, um die Kundenwünsche mit reduzierten, optimierten Varianten zu erreichen.
Wofür setzt EFS Consulting MOPS ein?
MOPS wird verwendet, um ein Produktportfolio auf ein Ziel hinzuoptimieren, wobei zu beachtende Einschränkungen als Constraints berücksichtigt werden können.
Reicht MOPS allein, oder wird das Know-how von EFS Consulting weiterhin benötigt?
a, denn MOPS ist ein Tool, das von EFS-Expert:innen gezielt eingesetzt und für jeden Anwendungsfall angepasst werden muss, um die Produktivität optimal zu steigern. Zudem ist der reale Einsatz oft deutlich komplexer als die abstrakte Optimierung, die der Algorithmus berechnet – an dieser Stelle ist das Fachwissen und die Erfahrung der EFS-Expert:innen entscheidend.
Welche Herausforderungen löst EFS Consulting mit MOPS?
MOPS unterstützt EFS Consulting dabei, komplexe Komponentenportfolios schnell zu entwerfen, die von vielen Abhängigkeiten innerhalb des Produkts beeinflusst werden, wie beispielsweise die Kraftstofftanks innerhalb des Fahrgestelllayouts eines LKW. Dadurch kann EFS Consulting die Kundenanforderungen sowie die technische Perspektive effektiv integrieren und einen Basisvorschlag entwerfen.