EFS Consulting
17.12.2024

Worauf ist bei der Wahl eines passenden IT-Managed-Service-Partners zu achten?

Bei bestehenden IT-Servicepartnern weiß man, was man hat - kennt die Stärken und die Schwächen. Was sind jedoch die Anforderungen an einen neuen IT-Managed-Service-Partner bei einer Ausschreibung und welche unterschiedlichen Beauftragungsmodelle gibt es? In diesem Artikel wird beleuchtet, welche Sichtweise ein möglicher Auftraggeber einnimmt, der ein IT-Managed-Service ausschreibt und den passenden Servicepartner dafür sucht.

Was ist ein Managed-Service-Partner und was unterscheidet dieses Modell von anderen? 

Ein Managed-Service-Partner (MSP) ist ein externer Dienstleister, der bestimmte Dienstleistungen für ein Unternehmen teilweise oder auch vollständig übernimmt und diese auf Basis eines Servicevertrags (Managed Services Agreement) regelmäßig und langfristig (über mehrere Jahre) erbringt.  Als strategischer Partner betreibt, optimiert und überwacht ein MSP dabei die IT-Infrastruktur und -Prozesse des Auftraggebers effizient. 

Hauptmerkmale eines Managed-Service-Partners sind: 

  1. Proaktive Betreuung der Services und dadurch Vermeidung von Störungen (oft über Monitoring und aktives Problemmanagement) 
  2. Qualitätssicherung über Service-Level-Agreements (SLAs) 
  3. Kosteneffizienz und Planbarkeit, um IT-Kosten besser zu kalkulieren und unerwartete Ausgaben zu minimieren und um Kosten für interne IT-Ressourcen zu reduzieren 
  4. Skalierbarkeit, um Dienstleistungen flexibel an die Anforderungen des Unternehmens anzupassen 
  5. Verfügbarkeit von spezialisiertem Know-How  
  6. Verfügbarkeit von Expert:innen, gegebenenfalls auch im 24/7 Support bei geschäftskritischen IT-Systemen 

Typische Dienstleistungen eines MSP sind: 

  • IT-Support und Helpdesk 
  • Backup und Disaster Recovery 
  • Patch- und Update-Management 
  • Applikationsmanagement 
  • IT-Infrastruktur-Management 
  • Cloud-Services 
  • Cybersecurity 
  • IT-Strategieberatung 

Es gibt neben dem Managed-Service-Partner (MSP) – Modell noch andere Modelle und Ansätze, um IT-Dienstleistungen auszulagern oder bereitzustellen. Anbei ein Auszug von einigen Alternativen:

1. Time-and-Material-Modell (T&M)

Beim Time-and-Material-Modell wird der Dienstleister auf Basis der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit und der benötigten Materialien abgerechnet. Hier handelt es sich meist um ein sehr flexibles Modell ohne langfristige Bindung und wird meist für kurzfristige Projekte oder Ad-hoc-Aufgaben genutzt. 

2. Werkvertrag

Beim Werkvertrag wird ein konkretes Ergebnis oder ein definierter Leistungsumfang vereinbart. Der Dienstleister ist für die vollständige Umsetzung und das Ergebnis verantwortlich, unabhängig vom dafür benötigten Aufwand. Diese kommt meist bei Projekten mit klar definiertem Ziel und Umfang, wie beispielsweise bei Softwareentwicklung oder Migration, zur Anwendung.

3. Staff Augmentation (Body Leasing)

Beim Staff Augmentation-Modell stellt der Dienstleister spezialisierte IT-Expert:innen bereit, die als temporäre Erweiterung des internen Teams agieren. Diese arbeiten direkt unter der Leitung des Kund:innen und werden genutzt, wenn temporärer Bedarf an zusätzlichen Ressourcen, z. B. für Projekte oder Spitzenzeiten besteht. Dieses Modell birgt viele Compliance-Risiken (insbesondere verdeckte Arbeitnehmerüberlassung) und sollte in enger Zusammenarbeit mit Rechts- und Compliance-Expert:innen vorher geprüft werden. 

4. Outsourcing-Modell (Komplettauslagerung)

Beim Outsourcing wird eine gesamte IT-Funktion oder ein ganzer Prozess an einen externen Dienstleister ausgelagert (z. B. IT-Support, Rechenzentrum, Anwendungsmanagement). Dies kommt meist dann zur Anwendung, wenn Bereiche, die nicht zur Kernkompetenz des Unternehmens gehören, ausgelagert oder interne Ressourcenbelastungen reduziert werden sollen.

5. Shared Service Center (SSC)

Ein Shared Service Center ist ein internes oder externes Service-Modell, bei dem IT-Dienstleistungen zentralisiert für mehrere Unternehmensbereiche oder Kund:innen bereitgestellt werden. Es kann sowohl unternehmensintern als auch über externe Anbieter erfolgen. Dies kann insbesondere bei großen Unternehmen mit mehreren Abteilungen oder Standorten dazu beitragen, die Effizienz durch Zentralisierung zu erhöhen und die Unternehmensstandards einzuhalten.

6. Cloud-Service-Modelle (IaaS, PaaS, SaaS)

Cloud-Computing (siehe auch Cloud Advisory – EFS Consulting) ist ein Modell, bei dem IT-Ressourcen oder Anwendungen über das Internet bereitgestellt werden, um Anfangsinvestitionen zu reduzieren und eine hohe Skalierbarkeit und Flexibilität zu gewährleisten. Demgegenüber stehen die Nachteile der Abhängigkeit vom Cloud-Anbieter und die Datenschutz- und Compliance-Risiken. 

 

Wichtige Kriterien für die IT-Partner Wahl bei Managed Service Dienstleistungen (Auszug) 

Die Wahl des richtigen IT-Partners für Managed Service Dienstleistungen ist entscheidend, um langfristig Effizienz, Sicherheit und Innovation sicherzustellen – dabei gibt es jedoch einiges zu beachten, wie unter anderem: 

  • Detailliertes fachliches Verständnis 
  • Hohe Kundenorientierung und Flexibilität 
  • Beratungs- und IT-Affinität 
  • Referenzprojekte, die Kenntnisse auf dem Service in vergleichbaren Bereichen/Unternehmen nachweisen 
  • Einhaltung der geforderten Service Level und KPI’s 
  • Vollständiges Verständnis der Vertragsbedingungen 
  • Effektive Governance 
  • Beherrschung der Kundensprache 
  • Proaktivität, statt reaktiv zu wirken 

 

Was das im Einzelnen bedeutet: 

Fachliches Verständnis, auch im Detail 

Vom Auftraggeber werden die Anforderungen nicht immer detailliert genug geschrieben und Serviceanforderungen meist nur generisch verfasst. In der Antwort des Bieters und in seinem detaillierten Konzept erkennt der Bewerter dann sehr genau, wie diese mit dem Expert:innenwissen korrelieren.  

Hohe Kundenorientierung und Flexibilität 

Im Rahmen einer Ausschreibung wird oft ein Vergabezeitraum von mehreren Jahren betrachtet. In diesem Zeitraum können bzw. werden Schwankungen insbesondere in der Mengengerüsten stattfinden. Die Informationstechnologie ist seit vielen Jahren eines der sich am meisten verändernden Industriezweige und hat als Querschnittstechnologie eine wichtige Bedeutung als Grundlage für die digitale Transformation. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, sollten Verträge skalierbar gestaltet werden, so dass sie sich an veränderte Rahmenbedingungen, Anforderungen und Ressourcen anpassen lassen.  

Beratungs- und IT-Affinität 

Nur die Kombination aus technischem Know-how (IT-Affinität) und kundenorientierter Beratung (Beratungsaffinität) ermöglicht es, ganzheitliche Lösungen zu liefern, die nicht nur die IT-Anforderungen des Kund:innen erfüllen, sondern auch seine Geschäftsergebnisse verbessern. Dadurch kann Vertrauen aufgebaut und gestärkt sowie die IT-Landschaft verbessert und optimiert werden.  

Kunden proaktiv zu beraten und die IT-Begeisterung spüren zu lassen, kommt wesentlich besser an, als nur “Dienst nach Vorschrift” zu leisten. 

 

Referenzprojekte, die Kenntnisse auf dem Service in vergleichbaren Bereichen/Unternehmen nachweisen 

Das Prüfen von Referenzprojekten ist ein unverzichtbarer Schritt bei IT-Ausschreibungen. Es ermöglicht eine fundierte Bewertung der Erfahrung, Qualität und Zuverlässigkeit eines Anbieters. Die Analyse umfasst dabei vor allem die Kundenzufriedenheit sowie auch die technische Komplexität und die Budgettreue der referenzierten Services. Auch die Zusammenarbeit und Kommunikation sind weitere Aspekte, die Aufschluss darüber geben, wie der Bieter vergleichbare Services gestaltet hat. 

Einhaltung der geforderten Service Level und KPI’s 

Die Einhaltung von SLAs bei Managed Service Verträgen kann durch präzise Definitionen, Monitoring-Mechanismen, Eskalationsprozesse und vertragliche Konsequenzen effektiv abgesichert werden. Transparenz und Zusammenarbeit zwischen Kund:innen und Dienstleistende sind dabei entscheidend. Die Messbarkeit eindeutig und nachvollziehbar für beide Seiten zu generieren ist essenziell, wie machbare Grenzwerte zu setzen und zu akzeptieren sowie diese durch ein monatliches Tracking (möglichst automatisiert über ein ITSM-Tool) zu berichten. SLA-Verstöße sind proaktiv zu kommunizieren und Lösungsvorschläge mit entsprechenden Maßnahmen zu hinterlegen. 

Vollständiges Verständnis der Vertragsbedingungen 

Verträge bekommen nach Abschluss oft keine Aufmerksamkeit mehr, sie werden beiseitegelegt bzw. auf einen Sharepoint oder eine Datenbank abgespeichert. Im optimalen Fall werden die Delivery Manager durch das Vertragsmanagement geschult und kennen demnach die Vertragshinhalte. In nicht wenigen Fällen ist dies aber leider nicht der Fall. Dieses Risiko sollte vermieden werden und die Rolle des Vertragsmanagers im Rollenprofil auch im operativen Betrieb verfügbar sein. 

Effektive Governance 

Dies ist ein sehr anspruchsvolles, aber effektives Kriterium. Oftmals werden von beiden Seiten Gremien und Rollen in der Ausschreibung aufgesetzt, die besonders bei Managed Services zusätzliche Möglichkeiten bilden, um sich gegenseitig abzusichern und um Eskalationen zu managen. Es ist jedoch festzustellen, dass dies in der Praxis teilweise übertrieben wird. Durch eine schlanke und mit eindeutigen Verantwortlichkeiten versehene effektive Governance können viele Eskalations-Meetings vermieden und ressourcenschonend gearbeitet werden. 

Beherrschung der Kundensprache 

Dies ist eines der Kriterien, die besonders bei Kundenzufriedenheitsumfragen Besorgnis erzeugt. Insbesondere bei Outsourcing-Vorhaben wird im Near- und Offshorebereich ein hohes Maß an Sprachfertigkeiten und insbesondere in englischer Sprache gefordert. Dies kann bei Nichteinhaltung bzw. Nichtverfügbarkeit zu Missverständnissen führen, die Kund:innen verärgern und zu längeren Lösungszeiten im Service bei Störungen und Service Requests führen. 

Proaktivität, statt nur ausschließlich reaktiv zu wirken 

Insbesondere aus Time&Material Beauftragungen waren viele Dienstleister daran gewöhnt, klare Aufträge zu erhalten. die entsprechend erledigt und zeitlich abgerechnet wurden. Bei Managed- Service Beauftragungen ist der Dienstleister selbst dafür verantwortlich, die vereinbarten Service Level zu erreichen. „Lessons Learned“ Aktivitäten, Erkennen von „Best practices“ und deren Umsetzung sowie vorausschauendes Denken auf sich verändernde Anforderungen sind Möglichkeiten, die Zusammenarbeit proaktiv zu gestalten und weiterzuentwickeln. 

 

Wie kann man in einem Ausschreibungsprozess den optimalen Managed-Service-Partner herausfinden und eruieren? 

Das ist ein in sich durchgängiger Prozess, der sich im gesamten Contract Lifecycle niederschlägt. Er beginnt mit konkreten Anforderungen in den Leistungsbeschreibungen, findet in der Auswahl des Servicepartners in der Vergabe nach nachvollziehbaren fachlichen und preislichen Kriterien seinen wichtigsten Niederschlag und ist auch wichtig bei der Qualitätsbewertung im operativen Dienstleistungsprozess.

Eine Auswahl von Ansätzen, wie man in diesem Prozess den optimalen Managed-Service-Partner findet, ist folgend dargestellt: 

  1. Durch das sorgfältige Prüfen des Bieterkonzepts und der Übereinstimmung der angebotenen Services mit den Anforderungen sowie auf korrekte und eindeutige Formulierungen in den eingereichten Angebotsunterlagen.
  2. Indem detaillierte Analysen der Referenzprojekte durchgeführt werden (insbesondere im eigenen nachvollziehbaren Umfeld im Unternehmen bzw. Konzern).
  3. Durch einen gezielt formulierten Use Case, den man vor den Bieterworkshops bekannt gibt und die Lösung dazu vom Bieter in diesem präsentiert wird.
  4. Durch einen zusätzlichen Use Case während des Bieterworkshops, der ad-hoc gestellt und durch den Bieter präzise und zielorientiert beantwortet wird.
  5. Durch Rechtschreibprüfungen, Prüfungen auf Dopplungen und Schlagwortsuchen bei den Angeboten, um die Sorgfalt der Angebotserstellung zu erkennen.
  6. Durch einen USP- (Unique Selling Point) Check: Wie unterscheidet sich der Bieter von anderen? Welches Alleinstellungsmerkmal hat der Bieter? 
  7. Durch eine Prüfung, welchen Mehrwert der Bieter dem Auftraggeber geben kann und welcher Win-Win Ansatz erkennbar ist. 
  8. Durch einen spezifischen Preisvergleich für die einzelnen Preiskategorien. 
  9. Durch Zustimmung zu den messbaren Service Level und KPI’s, die auch nachhaltig berichtet werden können. 

 

Fazit  

Managed-Service-Partner sind in der IT ein bevorzugtes Auftragsmodell, um vor allem Planbarkeit und Kosteneffizienz zu steigern und um Kosten für interne IT-Ressourcen zu reduzieren. EFS Consulting hat in zahlreichen IT-Ausschreibungsprojekten erfolgreich bewiesen, dass sie mithilfe geeigneter Kriterien die optimalen IT-Managed-Service-Partner identifizieren können. Mit den EFS Expert:innen und mit umfangreichem Wissen bietet EFS hier Unterstützung an, um die komplexen Herausforderungen bei einer Ausschreibung erfolgreich zu bewältigen.  

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