EFS Consulting
08.03.2024

Was ist die Geschichte von Compliance?

Dieser Artikel der EFS RegCom Academy geht näher darauf ein, wo der Ursprung von Compliance liegt und wie es sich im Laufe der Zeit auf immer mehr Industrien ausgeweitet hat.

Die Grundlage für ein funktionierendes Zusammenleben in jeder Gesellschaft wird geschaffen durch moralische Werte und Regeln, die das angemessene und unangemessene Verhalten festlegen. Dasselbe gilt für Unternehmen, die mit Herstellung und Handel von Waren und Dienstleistungen ein fester Bestandteil der Gesellschaft sind. Da diese Unternehmen keine physischen Menschen („natürliche Personen“) sind, sondern „juristische Personen“, haben Staaten eigene Gesetze kreiert, die nur für diese gelten. Mit diesen eigenen Normen sollen die Unternehmen gezwungen werden, stets den Schutz von Mensch, Tier und Umwelt zu gewährleisten.

Wie ein Buch der Auslöser für das US-Lebensmittelgesetz wurde

Erste Regelungen entstanden bereits vor weit über 100 Jahren und hatten großteils direkten Einfluss auf die menschliche Gesundheit. So hat im Nahrungsmittelbereich bereits 1906 die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) den Pure Food and Drugs Act verabschiedet. Dieses Gesetz kreierte erstmalig die Verpflichtung zur Produktkennzeichnung. Der Auslöser hierfür war das Buch „The Jungle“ von Upton Sinclair, der über die entsetzlichen Methoden in der Fleischverarbeitung schreibt. Unhygienische Verarbeitung des Fleisches und schmutzige Fabriken führten zu unsauberem Fleisch, das auch Erkrankungen hervorrufen konnte. (Mehr Hintergründe können Sie hier lesen.)

Die Finanzwirtschaft als Vorreiter für moderne Compliance-Regulierungen

Bereits im 19. Jahrhundert führte der erste internationale Einbruch von Finanzmärkten zu Regulierungen. Der Börsenkrach von 1873 wurde hervorgerufen durch Spekulationen und Zahlungsunfähigkeiten von großen Börsenmaklern und Unternehmen in den USA und Europa (siehe mehr Hintergrund hier). Als Antwort darauf beschlossen die Staaten, den (internationalen) Freihandel einzuschränken. Es wurden erstmalig Schutzzölle auf ausländische Importe eingeführt und Gewerkschaften kreiert, die die soziale Funktion von Unternehmen mehr in den Vordergrund rückten.

Mit der zunehmenden Kapitalisierung im 20. Jahrhundert handelten Staaten mit weiteren Gesetzen, um die Finanzmärkte noch weiter zu regulieren. Es entstanden Gesetze gegen Korruption sowie zur Erhöhung der Transparenz von Finanzmärkten und ihren Akteuren. Ziel hier war insbesondere, ethische Geschäftspraktiken zu fördern.

Verschiedene Krisen und Skandale (z.B. Enron, WorldCom) in den 2000ern führten zum Umdenken der Compliance im Finanzbereich: Anstatt gute Praktiken zu fördern, sollen die unangemessenen strikt verboten werden. Unternehmen und Banken wurde die Verantwortung gegeben, proaktiv Systeme zu errichten, die ein unangemessenes Verhalten unmöglich machen. Das moderne Compliance (Risiko) Management System war geboren.

Regelungen in immer mehr Sektoren

Produzierende Unternehmen unterliegen erst seit wenigen Jahrzehnten eigenen Gesetzen. Hier ist der Fokus auf die Produktionssicherheit für Arbeitnehmer, sowie die Produktsicherheit und -haftung für das finale Produkt gelegt. Auch hier hat sich das Gedankengut von Compliance im Laufe der Zeit geändert: Vor dem 20. Jahrhundert waren Unternehmen dazu aufgerufen, sichere Produkte herzustellen. Jedoch war der Käufer dafür verantwortlich, das Produkt bei Kauf zu untersuchen und testen (lat. ‚caveat emptor‘). Erst im Zuge von eigenen Regelungen zur Produkthaftung in den 1960ern in den USA, sowie dem ersten EU-weiten Produkthaftungsgesetz im Jahr 1985 kommt es zu einer Umkehr: Es sind nun die Unternehmen dazu verpflichtet, für ihre Produkte zu haften, ohne dass es auf ein direktes Verschulden ankommt.

Ganz anders verhält es sich im Bereich Automotive: Hier gab bereits 1926 ein erstes internationales Gesetz (‚1926 International convention relative to motor traffic‘), das die Basis für die Normung von bestimmten Autoteilen wie Lenkrad, Bremsen, Hupe, Scheinwerfer, Kfz-Kennzeichen etc. legt. Auch hier war die grundlegende Idee jene, die Sicherheit des Fahrers selbst und seiner Umgebung zu gewährleisten. Im Laufe des 20. Jahrhunderts kam es dann zu immer mehr spezifischen Regulierungen, Normen und Standards, die wie in der Finanzbranche dazu führten, dass Hersteller eigene Compliance Systeme entwickeln mussten, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen.

Zukunft von Compliance: Ausweitung von Normen auf mehrere Sektoren

Mittlerweile hat sich die Welt der Compliance geändert. Bislang waren Compliance-Normen hauptsächlich spezifisch auf die Industrie abgestellt. Doch nun gibt es immer mehr Regulierungen, die sektorübergreifend sind. Das betrifft vor allem die Welt der Chemikalien, Abfall, Produktmarkierungen für Kreislaufwirtschaft, Konsumenten-, Daten- und Umweltschutz. Für die Unternehmen bedeutet das, dass sie immer mehr generellen Regulierungen folgen müssen, um weiterhin rechtskonform zu sein.

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