EFS Consulting
24.03.2025

Service Level Management im IT-Sourcing und IT-Service Management: SMARTe Service Level – oder doch nur Wunschdenken?

Das Service Level Management (SLM) bildet das Rückgrat jeder erfolgreichen IT-Partnerschaft, indem es klare Vereinbarungen über die Qualität und Verfügbarkeit von IT-Services definiert und deren Einhaltung überwacht. Dieses Insight beleuchtet die Herausforderungen und Chancen bei der Definition und Umsetzung von SMARTen Service Leveln im Kontext von IT-Sourcing und IT-Service Management.

Das Wichtigste in Kürze 

  • Service Level Management (SLM) beschreibt für IT-Services das Festlegen und Management der wichtigsten Metriken (Service Level), mithilfe welcher das Einhalten einer bestimmten Service Qualität gewährleistet werden soll. 
  • Im IT-Sourcing wird vertraglich mittels Service Level Agreements (SLAs) festgelegt, welche Metriken externe Dienstleistende mit welchen Zielwerten mindestens zu erreichen haben, sodass eingekaufte IT-Service als die Qualitätsvorgaben erfüllt. 
  • Sollten Service Level innerhalb der Organisation vereinbart und fixiert werden, werden diese Operational Level Agreements (OLAs) genannt. 
  • Im operativen IT-Service Management (ITSM) sorgt SLM dafür, die festgelegten Service Level kontinuierlich zu erfüllen sowie zu optimieren. 
  • Es ist essenziell, dass im IT-Sourcing bereits eine Basis für effektives SLM gelegt wird, sodass die vereinbarte Service Qualität auch tatsächlich erbracht wird. 

 

Was sind Service Level und wie sollten diese definiert sein? 

Service Level werden benötigt, um die Qualität einer Service-Leistung zu evaluieren. Für eine Service-Leistung können somit eine oder mehrere Service Level definiert werden. Dabei handelt es sich um Metriken, welche mit bestimmten Zielwerten verknüpft werden und auf bestimmte Weise gemessen sowie berichtet werden. 

Ein beispielhafter Service Level, welcher häufig zur Anwendung kommt, ist die sog. First Contact Solution Rate, übersetzt Erstlösungsrate. Ein definiertes Service Level dafür könnte für eine bestimmte Service-Leistung folgendermaßen aussehen: 

  • Service KPI: First Solution Rate (Erstlösungsrate) 
  • Zielwert: 90% 

Das Beispiel zeigt, dass der Titel eines Service Level für sich noch nichts aussagt. Erst mit dem Zielwert nimmt der Service Level Gestalt an. Wird dieser zwischen zwei Parteien vereinbart, so kann von einem Service Level Agreement (kurz SLA, wenn es um z.B. eine interne auftraggebende Seite und externe dienstleistende Seite geht) oder von einem Operational Level Agreement (kurz OLA, bei einer Übereinkunft zwischen internen Abteilungen untereinander) gesprochen werden. 

Die zwei häufigsten IT-Service-Arten: Applikation-Support und Infrastruktur-Support 

Je nach Service-Art unterscheiden sich die relevanten Service Level, die es braucht, um einen geleisteten Service adäquat bewerten zu können. Folgende Tabelle beschreibt für die zwei häufigen IT-Service-Arten Applikation-Support und Infrastruktur-Support jeweils Beispiele für effektive Service Level. 

 

IT-Service-Art (Beispiele)  Worauf sich Service Level fokussieren sollten  Beispiele für effektive Service Level 
Applikation-Support  Reibungslosen Betrieb, Funktionalität, Benutzerfreundlichkeit und -zufriedenheit 
  • First Contact Solution Rate (Erstlösungsrate) 
  • Incident- & Request Fulfillment Resolution Rate (Incident & Request Tickets Lösungsrate) 
  • Problem Resolution Rate (Problem Tickets Lösungsrate) 
  • Customer Satisfaction Score (Kund:innenzufriedenheits-Bewertung) 
  • Ticket Backlog (Anzahl und Priorität nicht gelöster Tickets) 
  • Re-Open Rate (Wieder-Öffnungsrate) 
  • Knowledge Rate (Wissenseintragsrate) 
Infrastruktur-Support  Stabile, performante und sichere IT-Basis (Hardware, Netzwerke, Server) 
  • Service Availability (Verfügbarkeit) 
  • Backup & Restore Rate (erfolgreiche Durchführung der Backups) 
  • Desaster Recovery Rate (erfolgreiche vollständige Wiederherstellungsrate bei Notfällen) 
  • Security Incidents (Sicherheitsvorfälle) 

 

Service Level sind SMART zu definieren 

Um ein Erfüllen entsprechend gewährleisten zu können, empfiehlt EFS Consulting das Definieren von Service Level nach dem SMART-Prinzip: 

  • Spezifisch: Ein Service Level ist eindeutig beschrieben und kann nicht mehrdeutig interpretiert werden. 
  • Messbar: Ein Service Level wird im Idealfall automatisiert und in gleichbleibender Frequenz sowie Weise gemessen – Änderungen von Messungen sind nachvollziehbar dokumentiert. 
  • Ausführbar: Ein Service Level hat einen vorgegebenen Zielwert, welcher entsprechend zugeordneten Ressourcen realistisch erreicht werden kann. 
  • Relevant: Ein Service Level trägt zu der wahrgenommenen Service Qualität bei, weshalb ein „Nicht-Erreichen“ einen spürbaren Qualitätsmangel herbeirufen würde. 
  • Terminiert: Ein Service Level weist eine bestimmte Gültigkeitsdauer auf, für die dieser erhoben wird. 

Beispiel: SMARTEs Service Levels 

Angewendet auf das obige Beispiel der Erstlösungsrate zeigt folgende Tabelle, wie das SMART Prinzip zu einer effektiven Beschreibung eines dazugehörigen SLA oder OLA führen kann. 

SMART-Kategorien   Effektive Beschreibung (Beispiele) 
Spezifisch  Es wird eine durchschnittliche Erstlösungsrate von 90% pro Monat vereinbart.
Messbar Die Erstlösungsrate wird durch das IT-Ticketing-Tool gemessen und bezieht sich nur auf über externe Kanäle eingehende Incident- und Request Fulfillment-Tickets.
Ausführbar Vergleichbare Service-Dienstleistende bieten eine durchschnittliche 90%-ige Erstlösungsrate mit denselben Preisen wie der aktuelle IT-Service-Partner.
Relevant Bei einer geringeren Quote steigt die Anzahl der Beschwerden an.
Terminiert
Die Erstlösungsrate wird monatlich gemessen.

 

Service Level Managment  

Service Level Management (SLM) ist eine Praktik innerhalb des ITIL-Frameworks und kümmert sich um das Handling der oben behandelten Service Level. Mithilfe von SLM soll die Service Qualität von IT-Services in einem festgelegten Maße – idealerweise bestimmt durch Wünsche von Kund:innen – definiert, eingehalten sowie stetig optimiert werden. Somit zählt SLM zu den steuernden Hauptaufgaben im IT-Service Management. 

Service Level Management entlang des IT-Contract Lifecycles 

Service Level Managements ist von verschiedenen Aufgaben im Verlauf eines IT-Contract Lifecycles geprägt. Das oberste Ziel dabei bleibt dasselbe: Effektive und qualitätsgerechte IT-Dienstleistung gewährleisten und absichern. 

Die folgende Grafik zeigt die deutlichsten Unterschiede in den Phasen Ausschreibung,Transition und Betrieb auf, auf welche in den kommenden Kapiteln jeweils näher eingegangen wird. 

Welchen Fokus Service Level Management in jeder Phase des IT-Contract-Lifecycles hat: 

Ausschreibung 

  • Auswählen der richtigen Service Level für jeden einzelnen IT-Service 
  • Definieren von zu erreichenden Zielwerten für jeden Service Level

Transition 

  • Aufsetzen der vereinbarten Service Level in einem SLM-Tool 
  • Aufbauen und Vorbereiten des Betriebszustandes der einzuführenden IT-Services 

Betrieb 

  • Absichern des vereinbarten Betriebszustandes für alle eingeführten IT-Services 
  • Betreiben von kontinuierlicher Verbesserung samt Begleiten von dafür notwendigem Change-Management 

 

Service Level Management im Rahmen einer Ausschreibung und Transition 

Im Rahmen von IT-Ausschreibungen und Transitionen hin zu neuen IT-Dienstleistenden oder anderenfalls Transformationen der Zusammenarbeit mit bestehenden IT-Dienstleistenden fokussiert sich SLM auf das Auswählen/Aktualisieren/Vereinbaren der richtigen Service Level sowie auf ein möglichst effektives Einführen/Aktualisieren (neu) vereinbarter Service Level Agreements. 

1. Folgende Empfehlungen hat EFS Consulting zum Service Level Management für die Phase einer IT-Ausschreibung: 

  • Die Qualität der Service Level ist ein Maßstab für den zukünftigen Service. Wenn später im Betrieb aus einem „Nicht Erfüllen“ Maßnahmen abgeleitet und zeitnah umgesetzt werden können, und dadurch den Service verbessern, ist die Auswahl der Service Level passend vorgenommen worden. 
  • Service Level, die von auftraggebender Seite selbst nicht gemessen oder nicht nachgeprüft werden können, sind in der Ausschreibung nicht zuzulassen bzw. zu vermeiden. 
  • Auch unrealistische Service Level Ziele sollten vermieden werden, wie z.B. eine 100%ige Verfügbarkeit, oder eine Lösungszeit, die praktisch nicht erreicht werden kann, ohne enorme Zusatzinvestitionen zu tätigen oder den Personalbedarf drastisch zu erhöhen. Bereits bei der Berechnung der Angebote werden damit wesentlich höhere Kosten bei allen Anbietenden hervorgerufen und riskiert. 
  • Bei Service Level Messungen kommt es nicht selten vor, dass Tickets bzw. Assets “rausgerechnet” werden (z.B. „Zeit in Warteposition“ oder “Assets nicht aktiv”), die das Ergebnis wesentlich beeinflussen und aus Kund:innensicht nicht oder nur teilweise nachvollziehbar sind. Dies ist möglich, da die Service Level Definition nicht eindeutig formuliert wurden. Die Prüfung auf EINDEUTIGKEIT sollte hier vor der Freigabe der Service Level immer erfolgen.

2. Folgende Empfehlungen hat EFS Consulting zum Service Level Management für die Phase einer IT-Service-Transition: 

  • Besonders nach einem Dienstleisterwechsel ist es schwierig, Service Level Zielwerte gleich nach dem Startpunkt der Dienstleistung vollständig zu erreichen. Hier kann eine Übergangszeit mit einem festen Zieldatum vertraglich vereinbart werden. Der Bewertungszeitraum einschließlich dem Reporting (täglich, wöchentlich, monatlich, quartalsweise, jährlich) ist auch stets mit anzugeben, um unnötige Kosten zu vermeiden. 
  • Hier ist es auch wichtig, einen Eskalationsprozess zu etablieren, für den Fall, dass die vereinbarten Service Level über einen längeren Zeitraum nicht erfüllt werden. 
  • Über ein Governance-Modell ist darzustellen, welche Rollen und Gremien (sowie deren Häufigkeit) im Rahmen der Service Level aufgesetzt werden. 

 

Service Level Management im alltäglichen IT-Service Management 

Sobald die Phasen von IT-Ausschreibung sowie IT-Service-Transition (oder -Transformation) abgeschlossen sind, kümmert sich das Service Level Management im alltäglichen Betrieb vor allem um das Einhalten sowie dem Verbessern der vereinbarten Service Level samt dem Optimieren jener als auch der zugehörigen Governance des Service Level Managements: 

Folgende Empfehlungen hat EFS Consulting zum Service Level Management für die Phase eines Betriebs von IT-Services: 

  • Service Level Berichte sollten als Governance-Instrument gesehen werden und von IT-Service-Verantwortlichen nicht als reine Management-Information aufbereitet werden. Das bedeutet, sich bspw. bei dauerhafter Übererfüllung aller Service Level genauso kritisch mit den Ergebnissen und Verbesserungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen, wie im Fall von nicht erreichten Zielwerten. 
  • Die definierten Service Level sollten trotz fixiertem IT-Dienstleistungsvertag nicht als endgültig gesehen werden. Sowohl die gewählten Service Level an sich als auch die Definition dieser darf sich im Betrieb verändern und kann durch Vertragsänderung entsprechend neu vereinbart werden. Durch Learnings im Betrieb kann sich herausstellen, dass bestimmte Service Level die Service Qualität nicht adäquat beschreiben – diese können entfallen, gemessen zu werden, um Kosten zu optimieren. Dafür können andere Service Level, die z.B. zum Zeitpunkt der Vertragsvereinbarung noch nicht automatisiert gemessen werden konnten, innerhalb der Betriebs-Zeit so erhoben werden, dass dies doch möglich ist. 
  • Service Level Management sollte sinnvoll in die Gremienlandschaft von IT-Service-Verantwortlichen eingebettet sein. Drei Gremien empfehlen sich vor allem dafür: 
  • Service Daily: Tägliches Zusammenkommen der operativen Kräfte eines IT-Services, um neue Insights aufzunehmen sowie Maßnahmen und Informationen des Managements zeitnahe zu kommunizieren. 
  • Operative Steering Meeting: Wöchentlich bis zweiwöchentliches Zusammenkommen der operativen Haupt-Verantwortlichen von Services (intern sowie extern), um strategische Entscheidungen zu operationalisieren sowie vorzubereiten. In diesem Gremium sollten Verbesserungsmaßnahmen v.a. ausgearbeitet und konkretisiert werden. 
  • Strategic Steering Meeting: Monatlich bis quartalsweise tagende Runde aus Entscheidungsträger:innen, welche Service Level Reports vorgestellt bekommen und samt operativ vorgeschlagenen Maßnahmen besprechen. In diesem Gremium sollte über Verbesserungsmaßnahme aktiv und priorisierend entschieden werden. 

 

Häufige Fragen im Service Level Management 

Im praktischen Umgang ergeben sich nehmen den obigen Empfehlungen noch weitere Situationen, zu welchen Fragen im SLM häufig entstehen. EFS Consulting hat die wichtigsten Fragen gesammelt und stellt im Folgenden Best Practice Antworten zu diesen zur Verfügung:

Wie oft sollten SLAs überprüft werden? 

Zumindest monatlich sollte ein Blick auf die Definition der vereinbarten SLAs geworfen werden. Learnings könnten sich öfter als geglaubt umsetzen lassen. 

Was passiert, wenn IT-Dienstleistende gegen SLAs verstoßen? 

Es wird empfohlen, das Umsetzen von Verbesserungsmaßnahmen vertraglich festzulegen. Bspw. kann eine durchschnittliche „Ausbesserungszeit“ von 30 Tagen vereinbart werden, mit Sonder-Rechten bei Überschreiten. Häufig werden Bonus-Malus Systeme angewendet, diese sollten allerdings eher das letzte Mittel darstellen, sonst werden Vertragsstrafen bspw. zunehmend bereits in den Preis des IT-Services seitens der externen dienstleistenden Seite hineingerechnet. 

Was ist der Unterschied zwischen SLAs und KPIs? 

KPIs (Key Performance Indicators) beschreiben initial nur die Metrik, die für eine bestimmte Situation Aussagen über die Leistung, auch im Kontext eines IT-Services, aussagen kann. Bei SLAs sind jene Metriken jedoch an bestimmte Zielwerte geknüpft, und sollten idealerweise SMART definiert sein. Wird sich im SLM nur auf KPIs bezogen und sollten keine SLAs definiert sein, laufen IT-Service-Verantwortliche Gefahr, gewünschte Service-Qualitäten nie erreichen zu können, weil diese schlichtweg nicht kommuniziert bzw. definiert wurden. 

Wie können hoch-qualitative Service Level kostenoptimiert erreicht werden? 

Erst über die Zeit. Learnings aus dem täglichen Betrieb werden aufzeigen, welcher Qualitätsgrad überhaupt von Kund:innen gewünscht/erwartet wird und daraus ergebend wird sich ableiten lassen können, für welche Qualität das auftraggebende Unternehmen die entsprechenden Ressourcen bereitstellen möchte. 

Wie können Service Level kontinuierlich verbessert werden? 

Durch operative Kontrolle während des Berichtszeitraumes können bereits Tendenzen erkannt werden, um rechtzeitig negative Auswirkungen entgegenwirken zu können. Auch über einen längeren Zeitraum lassen sich Tendenzen erkennen, um Verbesserungen kontinuierlich einbringen zu können. 

Wie sollten Service Level zwischen verschiedenen Teams bzw. IT-Services koordiniert werden? 

Zunächst ist es wichtig, die Schnittstellen und Wechselwirkungen zwischen den Teams bzw. IT-Services festzustellen und zu dokumentieren. Die Seite mit dem größeren Impact sollte eine Lead-Verantwortung erhalten und interaktive Zusammenarbeit ins Leben zu rufen. Über turnusmäßige Abstimmungen können danach gemeinsame Maßnahmen auf- und umgesetzt werden. 

Wie viele Service Level sollten für einen IT-Service definiert werden? 

Es sollten jedenfalls nicht zu viele sein. Es hat sich bewährt, maximal 8 bis 10 zielgerichtete Service Level pro beauftragten IT-Service festzulegen. 

 

Fazit 

Service Level Management hat einen zentralen Steuerungscharakter für alle operativen ITSM-Tätigkeiten. Die essenzielle Bedeutung beginnt nicht nur im täglichen Betriebsumfeld, sondern bereits ganz zu Beginn des IT-Contract-Lifecycles in der Ausschreibung einer IT-Dienstleistung. EFS-Consulting bietet in diesem Kontext Beratungsleistungen für effektives Service Level Management in allen drei Phasen an. 

 

 

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