Neuer Entwurf für EU-Produkthaftungsrichtlinie
Die Kommission hat am 28. September 2022 ihren seit langem erwartetem Entwurf für eine neue Produkthaftungsrichtlinie vorgelegt.
Dabei muss sich die Industrie möglicherweise auf eine drastische Verschärfung der Produkthaftungsvorschriften in Europa einstellen. Einer der wichtigsten neuen Aspekte in diesem Entwurf sind die Cybersicherheitsanforderungen an das Produkt. Das bedeutet, dass die Richtlinie nicht mehr nur für bewegliche Gegenstände und Elektrizität gelten wird, sondern auch für digitale Produktionsdateien und Software. Unter den Begriff Software fallen auch Systeme der künstlichen Intelligenz (KI-Systeme). Somit haftet der Hersteller in Zukunft auch dann, wenn er das Produkt nach dem Inverkehrbringen weiterhin kontrollieren kann (z.B. durch entsprechende Sicherheitssoftware-Updates).
Eine weitere Änderung besteht darin, dass das Unternehmen im Falle eines Produkthaftungsfalles künftig verpflichtet sein kann, ihm zur Verfügung stehende Beweismittel (z.B. Konstruktionsunterlagen, dokumentierte Erkenntnisse aus der Produktüberwachung) zu übergeben, die der Kläger zur Begründung seiner Ansprüche benötigt. Außerdem entfallen die bisher geltenden Selbstbehalte (500 Euro für Sachschäden) und Haftungshöchstgrenzen (85 Millionen Euro für Personenschäden) ersatzlos.
Darüber hinaus wird auch die bestehende Beweislasterleichterung für Geschädigte deutlich ausgeweitet. Der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Produktfehler einerseits und Schaden andererseits wird nun zugunsten des Geschädigten vermutet, wenn der Schaden durch eine „offensichtliche Fehlfunktion des Produkts bei normalem Gebrauch“ verursacht wurde.
Alle relevanten Begriffe der neuen Richtlinie werden an das geltende europäische Produktsicherheitsrecht und damit an den sogenannten New Legislative Framework (NLF) angepasst.